Dienstag, 21. Oktober 2008

 

Christine Lehrke, Hospizgruppe

Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,
Sie war, als ob sie bluten könne, rot;
Da sprach ich schaudernd im Vorübergehn,
So weit im Leben, ist zu nah am Tod!

(C.F. Hebbel, Sommerbild, 1. Strophe)

Ich treffe Christine Lehrke: Sie engagiert sich seit einigen Jahren in der Hospizarbeit. Da sie ihren Mann durch eine schwere Erkrankung innerhalb eines Jahres verloren hat, vermute ich, dass das der Anlass war, in diesem Bereich etwas zu tun. "Nein, ich lernte die Hospizgruppe schon früher kennen, als mein Mann noch lebte, aber die Krankheit sehr viel rascher fortschritt, als wir beide gedacht hatten. Ich kam als Hilfesuchende, brauchte jemanden zum Reden, der den Kampf und die Schwierigkeiten kannte. Die Hospizgruppe stützte und half mir in dieser Zeit, sie war mein geschützter Raum."

Es war klar, dass sie die Ausbildung zur Sterbebegleitung machen wollte. In 8 Themenabenden, 5 Intensiv-Wochenenden und einem abschließenden Prüfungsgespräch wurden die wichtigsten Bereiche vorgestellt und bearbeitet. Es ging um Tod und Sterben, Rituale in anderen Kulturen, Umgang mit Angehörigen, Grundlagen der Pflege, eigene Erfahrungen und Erlebnisse, die zusammen mit einer Psychologin in den Kontext der Begleitung gestellt wurden. Durch Pflegehilfskurs, Infos zu Notfallsituationen, Praktika und Besuch von Hospizen konnte man sich selbst im Vorfeld prüfen, wurde sicherer und bekam eine solide Grundlage.

Die Arbeit ist vielfältig, neben der allgemeinen Vereins- und Öffentlichkeitsarbeit steht natürlich die Begleitung von Schwerkranken in ihrer letzten Lebensphase im Zentrum, es geht aber auch um die Angehörigen und das Umfeld. Bei einer jungen Mutter passt man auch mal auf die Kinder auf, wenn der Partner nicht mehr so mobil ist, geht man vielleicht einkaufen oder bringt Bücher aus der Bibliothek mit. Je nachdem wie fit der Patient noch ist, geht es auch mal in den Park oder ins Konzert. "Leider wenden sich die meisten viel zu spät erst an den Hospizdienst, da ist eine sehr große Hemmschwelle, nach dem Motto, wenn ich den Dienst in Anspruch nehme, bin ich vom Tode gezeichnet."

Frau Lehrke sieht sich daher auch eher als Lebensbegleiterin, es geht um Erhaltung der Lebensqualität der Menschen, gerade auch in dieser letzten und oft schweren Lebensphase. "Was tut ihm gut, was hat er für Interessen, was kann ich tun, um seine Zeit angenehm zu machen. Manchmal will er vielleicht nur die Hand gehalten oder was vorgelesen bekommen, einer hat vielleicht eine Vorliebe für Gedichte, ein anderer will ein Vater unser beten, manche basteln noch gerne oder möchten Lieder von früher singen."

So unterschiedlich wie die Sterbenden sind natürlich auch die Begleiter. Vom Verein wird daher koordiniert, wer zu welcher Anfrage am besten passen könnte, dabei spielen Persönlichkeit, gemeinsame Interessen und Fähigkeiten der Begleiter, aber auch formale Kriterien wie Alter, Geschlecht, Entfernung und zeitliche Einsatzmöglichkeiten eine Rolle. "Günstig ist natürlich, wenn er in der Nähe wohnt, gerade in der letzten Zeit, gehe ich schon öfter hin, oder die Angehörigen rufen vielleicht auch kurzfristig mal an. Da ich die Zeit habe, kann ich darauf eingehen, aber es gibt natürlich auch die berufstätige Mutter, die ihre festen Zeiten zur Verfügung stellen kann. Daher sind wir bei einigen Einsätzen inzwischen auch zu zweit."

"Der Tod wird meist bis zuletzt sowohl von den Sterbenden selbst als auch von den Angehörigen tabuisiert, vielleicht, weil man sich nicht gegenseitig das Herz schwermachen will, vielleicht aber auch, weil es in der Gesellschaft allgemein kein Thema ist. Dabei sind Tod und Sterben und der Umgang damit ein lebenslanger Lernprozess." Ob sie durch die Sterbebegleitung besser auf den eigenen Tod vorbereitet ist? "Tod wird nie Normalität werden, aber die Auseinandersetzung mit diesem Thema schafft eine höhere Sensibilität und ermutigt, wichtigen Fragen hinsichtlich des Lebensendes rechzeitig nachzugehen."

Kommentare: Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]





<< Startseite

This page is powered by Blogger. Isn't yours?

Abonnieren Posts [Atom]